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Dirk Bruchhausen:


Meine "Express - Lebensgeschichte"

Als jemand, der von Anfang an bei der IG dabei ist, möchte ich einmal meine "Express - Lebensgeschichte" zum besten geben. Eigentlich ist es die Geschichte von meinem Vater und mir, da wir die Restaurierung der Express gemeinsam durchgeführt haben. An dieser Stelle möchte ich ihm noch mal Dank sagen für die Hilfe und die vielen schönen gemeinsamen Stunden.
Angefangen hat alles mit einem Zündapp Bella Roller von 1954. Dieser stand jahrelang bei einem Kunden meines Vaters im Keller herum und gammelte vor sich hin. Nach diversen Gesprächen gelangte dieser irgendwann in unseren Besitz. Der Preis: Drei Jahre Gratisservice an der Heizung.
Nun konnte ein neues Kapitel in unserer Motorradlaufbahn (bisher nur mehr oder weniger aktuelle Modelle) begonnen werden - die Restaurierung eines Oldies.
Ein entfernter Cousin von mir, der zufällig vorbei kam, sah den Teilehaufen und erzählte, er selbst hätte eine Express die er restaurieren möchte.
Zwei Jahre später kam er wieder mal vorbei und als er den fertigen Bella Roller sah, sagte er spontan, daß er uns die Express schenken würde, da er eh keine Zeit für sie hatte. Zwei Wochen später stand dann eine Express Radex 102, Baujahr 1958 in einem nicht hoffnungslosen Zustand in unserer Garage. Bis auf den Kettenkasten schien auch alles dran bzw. dabei zu sein.
Da ich bis dahin noch nichts über die Firma Express gehört hatte, war ich etwas skeptisch bzgl. der erforderlichen Unterlagen. Beim WK - Verlag gab es aber alle technischen Unterlagen über das Motorrad und den Sachs - Motor. In verschiedenen Zeitschriften und Büchern konnte ich mir zudem ein erstes Bild von der Firma Express machen.
Nachdem das Motorrad von allen Seiten und mit allen Details fotografiert worden war, wurde es zerlegt und eine Bestandsaufnahme gemacht. Anschließend fuhren mein Vater und ich mit einer langen Liste zu Motorrad Stemmler, die dort aber nicht komplett abgearbeitet werden konnte. Fehlende Teile wurden bei verschiedenen anderen Händlern geordert. Die Abziehbilder für Tank, Seitendeckel und Schutzblech gab es wiederum bei Stemmler. Das einzige was fehlte war der Kettenkasten. Ungefähr zu dieser Zeit kam auch der Aufruf von Dieter Kastel zur Gründung einer Express - Interessengemeinschaft, dem ich natürlich folgte.
Nachdem die Naben neu lackiert waren, wurden die neuen Felgen mit ebenfalls neuen Speichen von einem Bekannten (hatte bis dahin nur Fahrräder behandelt) eingespeicht. Die Schutzbleche mußten nach dem Sandstrahlen geschweißt und gespachtelt werden. Anschließend wurden sie mit den anderen schwarz zu lackierenden Teilen (die vorher natürlich auch gestrahlt wurden) zum Lackierer (ebenfalls ein Kunde meines Vaters) gebracht. Zwischenzeitlich bemerkten wir auch, daß der vorher gut gelaufene Motor in seiner Kiste im Keller beim letzten Rheinhochwasser mit Grundwasser voll gelaufen war und somit in jedem Fall komplett zerlegt werden mußte. Hier möchte ich auch die Firma Helicoil lobend erwähnen, die uns das teure Werkzeug zum eindrehen einer Hülse (Kerzengewinde) ohne Probleme kostenlos zur Verfügung stellte.
Das erste echte Erfolgserlebnis stellte sich ein, als das gesamte Fahrgestell einschl. Motor zusammengebaut und ans laufen gebracht wurde. War das ein Qualm auf der Strasse.
Nun ein paar weitere Details zur Restaurierung: Der Auspuff mußte nur ausgebrannt und das Mittelstück mattschwarz lackiert (Auspufflack aus der Dose) werden. Der Krümmer und das Endstück blieben im Original erhalten. Ebenso der Lenker und die dazugehörigen Armaturen. Die Gummis der Fahrerrasten waren ebenfalls noch in Ordnung. Neu gekauft werden mußten u.a. die Soziusfußrasten, die Einsätze für die Beleuchtung, der Lampenring vom Scheinwerfer und das Rücklichtglas. Der Scheinwerfertopf und die Naben wurden noch vom Lackierer gespritzt, die restlichen grauen Teile (Gabelinnenleben, Rücklicht, Luftpumpe und Kettenkasten) wurden zu Hause mit der Sprühdose lackiert - fällt kaum auf.
Ja, Ihr habt richtig gelesen, mittlerweile hatten wir auch für viel Geld einen einigermaßen passenden Kettenkasten gefunden (passend für Motor, nicht so gut passend für das Motorrad).
Für die Sitzbank haben wir nach langen Suchen auch einen Fachmann in Düsseldorf gefunden, nachdem einige andere Betriebe dankend ablehnten oder horrende Angebote machten (um ja nicht den Auftrag zu bekommen). Einziger wirklicher und noch nicht behobener Wermutstropfen war die Lackierung des Tanks.
Hier hat der Lackierer die Abziehbilder nicht richtig trocknen lassen, so daß diese beim Trocknen des Klarlacks Blasen warfen und den Klarlack an einigen Stellen abplatzen ließen.
So, nun war das Motorrad bis auf einige Kleinigkeiten (Tank, Fehlende Zierstreifen an Gabel und hinterem Schutzblech, Halteriemen für Sozius und noch nicht eingestelltem Motor) fertig und ich entschloß mich endlich auch einmal zum Expresstreffen nach Neumarkt zu kommen. Die tolle Stimmung beim Treffen (Dank an Andreas und Dieter!!!) und die Prämierung unseres Motorrades zum zweitschönsten beim 6. Expresstreffen haben uns beflügelt, die restlichen Arbeiten schnellstmöglich zu erledigen und das Motorrad endgültig zuzulassen. Aufgrund der Tips der alten Neumarkter Hasen läuft die Kiste nun auch vernünftig.
Ursache war ein fehlender, nirgendwo erwähnter Dichtungsring an der Lufteinstellung vom Vergaser.
Mittlerweile ist die Radex bis auf eine neue Tanklackierung wieder in einem Top Zustand und auf diversen Treffen in der näheren Umgebung gewesen. Dabei wurden auch einige Preise gewonnen, so daß mein Vater und ich zu Hause nun auch ein paar Erfolge vorweisen können (und nicht immer nur Arbeit und Geldinvestitionen).
Da man, wenn man einmal infiziert ist, nicht mehr vom Expressbazillus los kommt, besitzen wir mittlerweile auch ein Express - Fahrrad (Bj. 1955) und ein Express - Mokick Typ 139 aus der Zweirad - Union Zeit. Zum Abschluß möchte ich noch erwähnen, daß ich sehr viele nette Leute mit diesem Motorrad kennengelernt habe und mich ein wenig ärgere, daß ich nicht schon viel früher aktiv geworden bin.

Ölige Grüße von Dirk Bruchhausen aus Düsseldorf!

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